Dienstag, 22. April 2014

Buchtipp: Todesfrist

Da bin ich wieder und diesmal mit meinem ganz persönlichen Buch Tipp Liebling
Empfohlen wurde es mir bei Weltbild und da habe ich einfach aus Neugierde mir den Inhalt durchgelesen... und war einfach nur gefesselt!!!
Das ich es mir neben holen würde stand außer frage.


Inhaltsangabe


Ein Serienmörder treibt sein Unwesen – und ein altes Kinderbuch dient ihm als grausame Inspiration.

»Wenn Sie innerhalb von 48 Stunden herausfinden, warum ich diese Frau entführt habe, bleibt sie am Leben. Falls nicht – stirbt sie.« Mit dieser Botschaft beginnt das perverse Spiel eines Serienmörders. Er lässt seine Opfer verhungern, ertränkt sie in Tinte oder umhüllt sie bei lebendigem Leib mit Beton. Verzweifelt sucht die Münchner Kommissarin Sabine Nemez nach einer Erklärung, einem Motiv. Erst als sie einen niederländischen Kollegen hinzuzieht, entdecken sie zumindest ein Muster: Ein altes Kinderbuch dient dem Täter als grausame Inspiration – und das birgt noch viele Ideen ...

Sonstige Informationen


Name: Todesfrist
Autor: Andreas Gruber
Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
Verlag: Goldmann - Verlag 2013
ISBN-10: 3442478669
ISBN-13: 978-3442478668
Genre: Thriller
Preis: 9.95€


Leseprobe:
Todesfrist
Andreas Gruber

Leseprobe

Prolog


Der Fahrstuhl fuhr mit einem gleichmäßig surrenden Geräusch in die Tiefe. Die Tür glitt auf, und blasses Neonlicht fiel in die Kabine. Carmen lief durch die menschenleere Tiefgarage. Wie sie den grauen Beton und das sterile Licht hier unten hasste! Immer wenn ihre Nachtschicht am Montagmorgen um fünf Uhr endete, lag das zweite Untergeschoss in bedrückender Stille. Die Autos hockten wie lauernde Kreaturen im Schatten der Säulen, nur die Motorhauben ragten ins Licht. Kein Mensch weit und breit. Manchmal trieben sich im Keller des Instituts für Pathologie der Wiener Universität Verrückte herum. Sie fragte sich, ob sie eine siebenundvierzigjährige Frau überfallen würden. Stiegen ihre Chancen, in Ruhe gelassen zu werden, mit zunehmendem Alter, oder sanken sie? Carmen fröstelte in der weißen Schwesterntracht, während sie zu ihrem Wagen lief. Stellplatz U2-P58. Seit drei Jahren dieselbe Nummer. Damenparkplätze. Die sonst flackernde Beleuchtung in dieser Ecke war komplett ausgefallen, und ein Müllsack von den Maler- und Renovierungsarbeiten verdeckte die Kamera wieder mal. Letzte Weihnachten hätten die Arbeiten fertig gestellt werden sollen – und jetzt war fast Ende März. Gingen dem Krankenhaus die Subventionen aus? Carmen erreichte ihren VW Golf und betätigte den Knopf für die Zentralverriegelung. Die gelben Blinker zuckten zweimal auf. In diesem Moment bemerkte sie aus dem Augenwinkel den Schatten einer hoch gewachsenen Gestalt. Rasch trat der Kerl hinter der Säule hervor. Noch bevor sie sich wegdrehen und den Arm hochreißen konnte, spürte sie einen kurzen Einstich im Nacken.

Als Carmen die Augen aufschlug, umgab sie schwerfällige Dunkelheit. Sie war nicht in ihrem Schlafzimmer, ja nicht einmal in ihrer Wohnung. Sie vermisste das Ticken der Uhr, den Duft der frischen Bettwäsche und das rote Blinklicht des Videorekorders. Stattdessen roch es nach Feuchtigkeit, Holz und Zement. Eine Baustelle? Instinktiv wusste sie, dass sie nicht lag, sondern aufrecht stand. Woher? Sie hatte keine Ahnung. Vermutlich, weil ihr eine Träne über die Wange nach unten lief. Unwillkürlich wollte sie sie aus dem Gesicht wischen, doch ihre Arme hingen bleischwer und bewegungslos an ihr herunter. Augenblicklich wurde sie von Panik erfasst. Was ist mit mir geschehen? Sie wollte sich bewegen, den Kopf zur Seite drehen, doch sie war völlig erstarrt. Ihre Beine fühlten sich taub an. Sie konnte nicht einmal die große Zehe bewegen, als besäße sie keine Gliedmaßen mehr. »Hallo?«, krächzte sie. Ihre Stimme hallte von den Wänden wider. Es klang wie das Echo in einer Gruft. Trotzdem hörte sich der Ton merkwürdig gedämpft an und wurde vom Rauschen ihres Blutes überlagert. Wie im Urlaub am Strand von Kroatien, wo sie als junges Mädchen eine Muschel ans Ohr gepresst hatte, um der Brandung zu lauschen. Sie schloss die Augen. Dieser merkwürdige Geruch! Zwischen dem steinigen und erdigen Mief lag eine Spur von Weihrauch. Verrückt! Ihre Zunge tastete über die Lippen. Körniger Staub. Sie schluckte. Was für ein säuerlicher Geschmack! Plötzlich kam der Brechreiz. Sie musste würgen und spie bitteren Gallensaft aus, der ihr übers Kinn lief. Was ist bloß passiert? Sie konnte nicht richtig ausspucken und den Kopf weder drehen noch senken. Eine harte, scharfe Kante umrahmte ihr Gesicht.

Auch das Atmen fiel ihr schwer, als schnürte ein eng anliegendes, eisernes Korsett ihre Brust ein. »Hallo?« Verdammt! Hoffentlich war es bloß ein Albtraum. Wie oft war sie nachts ans Bett ihrer Kinder gelaufen, um die beiden zu trösten, wenn sie schrien? Schlaf weiter, Kleines, es war nur ein böser Traum! Mami ist da. Mittlerweile lebte sie allein in ihrer Wohnung. Aber das hier passierte wirklich. Zu real waren der Geschmack in ihrem Mund und das Kratzen in ihrer Kehle. Zu deutlich trommelten die pochenden Kopfschmerzen von innen an ihre Schädeldecke, immer heftiger, je mehr sie sich zu bewegen versuchte. Welcher Tag ist heute? Sie wollte ihre Schläfen massieren. Meistens half das beim Denken. Warum konnte sie die Hände nicht bewegen? Ihre Finger waren so taub, als hätte ihr jemand sämtliche Nerven durchtrennt. Konzentrier dich! Was ist das Letzte, woran du dich erinnerst? Plötzlich kam die Erkenntnis. Die Tiefgarage! Der Kerl hinter der Säule! Der Stich in den Nacken! Danach war ihre Erinnerung verblasst. »Hilfe!« Mit rasendem Herzen bemerkte Carmen, dass sie nicht mehr bloß Hallo, sondern um Hilfe rief. Immer lauter, bis sie keine Puste mehr hatte und wegen des Drucks auf ihrer Brust nur noch fl ach atmen konnte. Endlich hörte sie jemand. In unmittelbarer Nähe tauchte ein Lichtstrahl unter einem Türschlitz auf. Allerdings war der Schein zu schwach, um in dem Raum etwas zu erkennen. Schritte kamen auf die Tür zu. Langsam und desinteressiert. Es klang, als stiege jemand eine Treppe herunter. Instinktiv zählte Carmen mit. Sechzehn Stufen. Dieser Raum lag also ein Stockwerk tiefer. Tiefer als was? »Hilfe!«, rief sie erneut.

Da erklang das metallene Schaben eines Schlüssels im Schloss. Eine Kette rasselte. War es eine gute Idee gewesen, ausgerechnet jetzt um Hilfe zu rufen? Sie hätte damit warten sollen, bis die Lähmung verflogen war. Dann hätte sie den Raum zuvor nach einer Fluchtmöglichkeit oder zumindest einer Waffe durchsuchen können. Carmens Herz raste. Bestimmt kam da der Mistkerl, der ihr die Injektion verpasst hatte! Die massive Metalltür wurde aufgedrückt. Der Lichtstrahl tanzte in den Raum und blendete sie für einen Moment. Der Mann trug eine Stirnlampe. Carmen kniff die Augen zusammen, sah aber nur seinen schlanken Körper von der Hüfte an abwärts. Er trug eine graue Hose und Arbeitsschuhe. War es überhaupt ein Mann? »Wer sind Sie?«, keuchte sie. Was für eine blöde Frage, dachte sie im selben Moment. Der Mistkerl würde ihr keine Antwort geben. Er ging auf sie zu. Schutt und Kieselsteine knirschten unter seinen Schuhsohlen. Unwillkürlich musste Carmen an den Geruch nach Baustelle denken. Befand sie sich im Keller eines Rohbaus? Oder noch in der Tiefgarage der Pathologie? Nein, im Krankenhaus war sie definitiv nicht. Dort hatte sie noch nie den Geruch von Weihrauch bemerkt. »Was wollen Sie von mir?« Auch diesmal gab er keine Antwort. Bestimmt würde sie es früh genug erfahren. Allerdings konnte er sie nicht ewig hier festhalten. Bald würde sie Arme und Beine wieder bewegen können, und dann gnade ihm Gott. Was immer er mit ihr vorhatte – er würde sein Ziel nicht erreichen. Der Gedanke, dass er sie feige von hinten mit einer Spritze überwältigt hatte, machte sie so wütend, dass sie ihm den nächstbesten Gegenstand, den sie in die Finger kriegen würde, an den Schädel schlagen wollte. Da öffnete der Kerl den Mund. Seine Stimme klang verzerrt, als hätte er einen defekten Kehlkopf oder einen Schnitt in der Luftröhre.

»Ich habe dir ein Anästhetikum injiziert …« Bursche, du hast keine Ahnung, was ich mit dir anstelle, sobald du mir für einen Augenblick den Rücken zuwendest. Du hast dir die Falsche ausgesucht! »… und ein Muskelrelaxans.« Er verzichtete auf weitere Erklärungen. Sie waren nicht notwendig. Aufgrund ihrer Kleidung wusste er, dass sie Krankenschwester war. Der Ausweis an ihrer Bluse wies sie als Mitarbeiterin der Gynäkopathologie aus. »Allerdings habe ich auf ein Analgetikum verzichtet.« Seine Stimme klang so emotionslos, als langweilte ihn die Erklärung. Die Stirnlampe blendete sie wieder. Diesmal länger. Offensichtlich beobachtete er ihre Reaktion. Von den Dutzenden Fragen, die ihr gleichzeitig durch den Kopf schossen, beschäftigte sie eine am meisten: Warum verbarg er sein Gesicht vor ihr? Kannte sie ihn? Möglicherweise hatte er nicht vor, sie zu töten. Der Gedanke entspannte sie. Doch irgendetwas hatte er mir ihr vor. Was immer es war, sie würde die erste Möglichkeit nutzen, ihn zu töten, bevor er ihr etwas antun konnte. War sie dazu überhaupt in der Lage? Sie zweifelte keinen Moment daran. Ob sie nun ihrem Chefarzt beim Sezieren assistierte und das Skalpell beim Brustbein eines Toten ansetzte und bis zum Nabel hinunterzog oder diesem Kerl einen Nagel oder stumpfen Bleistift in die Niere oder Lunge stieß … wo lag da der Unterschied? Wenn er röchelnd vor ihr kauerte, würde sie nicht einmal ein schlechtes Gewissen plagen. Du hast dir die Falsche ausgesucht! Besser wäre die junge Blondine aus dem Sekretariat gewesen. »Hörst du mir zu?« Die blecherne Stimme klang herablassend, was Carmen noch mehr ärgerte. Sie antwortete nicht.

Natürlich hatte sie ihm zugehört. Jedes einzelne, verdammte Wort hatte sie mitbekommen. Anästhetikum, Muskelrelaxans und Analgetikum wurden normalerweise vor Operationen verwendet, um die Patienten bewusstlos, bewegungsunfähig und schmerzunempfindlich zu machen. Meist wurde das Analgetikum nachdosiert – doch darauf hatte dieser Mistkerl verzichtet, wie er behauptete. Allerdings hatte sie bis auf rasende Migräne keine Schmerzen. Was zum Teufel hatte er mit ihr vor? Als hätte er ihre Frage erraten, trat er einen Schritt näher. Ein greller Lichtring blendete sie. »Brandopfer sterben meistens, weil die Zellatmung versagt, sobald mehr als zwei Drittel der Haut zerstört sind. Damit dir nicht das Gleiche passiert, sind deine Hände und Füße in Müllsäcke gewickelt. Du trägst einen Regenmantel und eine alte Seglerhose.« In Carmens Kopf stoppten alle Gedanken. Schlagartig hatte der Unbekannte ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. »Die Kleider sind zwar nicht atmungsaktiv, aber zumindest Wasser abweisend. Das verhindert die Verätzung der Haut durch den scharfen Zement.« Er machte eine Pause. »Jedenfalls an den wichtigsten Stellen.« Wovon zum Teufel sprach der Kerl? Carmen versuchte, die Finger zu bewegen, den Kopf zu drehen und in den Nacken zu legen, doch ohne Erfolg. »Im Lauf der Zeit tritt allerdings ein gewisser Juckreiz auf, wenn sich Schweiß sammelt, Pilze und Parasiten bilden. Ich hoffe, du verfügst über ein gutes Immunsystem und benötigst kein regelmäßiges Medikament – denn das wirst du hier unten nicht bekommen. Du hast keinen freien Venenzugang mehr.« Carmen nahm täglich Blutdrucktabletten, etwas anderes jedoch nicht. Sie schluckte den galligen Geschmack runter und merkte, wie ihr Brustkorb zusehends eingeengt wurde. »Was …?«, krächzte sie. Seine Stimme klang gefühllos. »Habe ich endlich dein Interesse geweckt?« Sie antwortete nicht. Das alles ergab keinen Sinn. Doch er ließ ihr keine Zeit, einen klaren Gedanken zu fassen. »Ich werde dafür sorgen, dass du nicht an einer Nierenintoxikation stirbst.« Warum sollte sie an einer Nierenvergiftung sterben? Der Kerl

nahm Begriffe in den Mund, die sonst nur Ärzte oder Krankenpfleger verwendeten. Kannte sie ihn aus der Pathologie oder einem anderen Institut? Es gab immer wieder Berührungspunkte mit anderen Abteilungen. Womöglich war er einer der knapp zehntausend Angestellten des Allgemeinen Krankenhauses Wien und ihr dort schon einmal über den Weg gelaufen. Wie viel Zeit war verstrichen, seit er ihr das Anästhetikum injiziert hatte? Acht Stunden? Bestimmt wurde im Krankenhaus bereits nach ihr gesucht. »Siehst du …« Er machte einen weiteren Schritt auf sie zu und senkte den Kopf. Das Licht fiel zu Boden. »Diese beiden Schläuche sorgen dafür, dass es zu keinem Rückstau kommt. Jeden zweiten Tag werde ich dir etwas zu essen und zu trinken bringen.« Ihr Herz tat einen Satz. Sie wollte den Kopf senken, doch das ging nicht. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie er einen dünnen Kunststoffschlauch aus den Fingern gleiten ließ, dessen Ende in einen Metalleimer plumpste. »Einen Schmerz kann ich dir allerdings nicht nehmen.« Er atmete tief ein. Carmen bemerkte die Erregung in seiner verzerrten Stimme, als hätte er lange auf diesen Augenblick gewartet. »Ich weiß nicht, wann die Ankylose einsetzt, aber ich denke, schon bald werden sich deine Gelenke versteifen. Deine Wirbelsäule wird verknöchern, und deine Fingernägel werden in den Körper zurück wachsen. Doch davon wirst du nichts mehr mitbekommen.« Die Stimme klang, als lächelte er. »Platzangst und die psychische Belastung werden dich vorher in den Wahnsinn treiben.« Sie brachte kein Wort heraus. Ihr Gedanke, ihn zu töten, war wie wegradiert. Er war gefährlich und verrückt. Langsam kroch Panik in ihr hoch. Vielleicht war doch alles nur ein Albtraum, dachte sie. Einer von der schlimmen Sorte, bei der man Gott dankt, dass er nicht real ist, sobald man erwacht. »Ich brauche Wasser«, krächzte sie. Ihr Mund war vollkommen trocken. »Morgen«, antwortete er.

»Was haben Sie mit mir vor?« Er stand unmittelbar vor ihr und studierte ihre Gesichtszüge. Sie roch seinen Atem. »Hast du es noch nicht begriffen?« Er trat einige Schritte zurück und langte nach oben. Sie sah nicht, was er herunterholte, hörte nur das Klirren einer Kette. Offensichtlich zog er an einem Flaschenzug. »Der Mörtel war erst nach acht Stunden trocken. Danach habe ich den Block mit diesem Flaschenzug aufgestellt.« Er ließ die Kette los und trat hinter Carmen. Das Licht seiner Stirnlampe fiel auf einen Spiegel, der am Ende der Kette baumelte. Der Schimmer wurde reflektiert und tanzte über die Wände. Rote Backsteinziegel. Kein Verputz. Das Gewölbe war leer und reichte nicht weit nach hinten – wie ein kleiner Weinkeller. Carmen glaubte Haken an der Steindecke zu erkennen. »Ich hoffe, du gerätst bei deinem Anblick nicht in Panik. Denk immer daran: Dein Brustkorb ist eingeengt. Du kannst nur flach atmen! Je ruhiger du reagierst, desto besser. Sobald du hyperventilierst, erstickst du.« Der Spiegel drehte sich, sodass sie für einen Augenblick ihr Gesicht sehen konnte. Und sie sah … nur ihr Gesicht! Angst, Panik und Wahnsinn stiegen zugleich in ihr hoch. »Nein!«, rief sie. »Nein, bitte nicht … Gott, nein …!« Ihre Gedanken überschlugen sich. Plötzlich ergab alles einen Sinn. Seine Erklärungen über die Haut, die Niere, die Wirbelsäule, die Platzangst und den Venenzugang. Sie besaß tatsächlich keinen freien Venenzugang mehr. In dem vor ihr baumelnden Spiegel sah sie eine zwei Meter hohe und etwa sechzig Zentimeter breite Betonsäule in einer zur Hälfte abgeschlagenen Holzverschalung. Nur ihr Gesicht, von der Stirn bis zum Kinn, ragte aus der grauen Oberfläche … und zwei Schläuche in Hüfthöhe. »Nein!«, rief sie. »Nein, bitte nicht!« Sie begann zu weinen. Unwillkürlich spannten sich ihre Muskeln an, als könnte sie damit den Beton sprengen, doch je mehr sie versuchte, sich zu bewegen, desto weniger Luft bekam sie. Sie konnte ihren Brustkorb nicht heben. Bitte, helft mir! Jemand musste kommen und den Betonblock mit einem Hammer zerschlagen, bevor sie wahnsinnig wurde. »Hilfe!«, kreischte sie, so laut sie konnte, und japste nach Luft. »Bitte lassen Sie mich frei«, bettelte sie. »Bitte!« Sie würde ihm nichts tun. Sie versprach, wenn er sie jetzt aus dem Beton befreite, würde sie nicht einmal Anzeige gegen ihn erstatten. Sie würde alles verzeihen und vergessen. »Bitte!« Er trat wieder nach vorne. An der Stirnlampe merkte sie, wie er unmerklich den Kopf schüttelte. »Ich habe dir vorsorglich ein Breitband-Antibiotikum injiziert. Außerdem werde ich dich gelegentlich mit Vitamintabletten versorgen, aber du wirst dennoch an Rachitis erkranken.« Er leuchtete ihr ins Gesicht. »Und deine Augen werden unter Fotophobie zu leiden beginnen.« Zunächst begriff sie nicht, worauf er hinauswollte, da sie nur ihr Keuchen hörte und in Gedanken immer noch ihr entsetztes Gesicht sah. Doch er wiederholte seine Worte. Vitaminmangel und Lichtempfindlichkeit? Diese Effekte würden sich erst nach Wochen einstellen. Wie lange wollte er sie in diesem Block gefangen halten? Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie spürte den salzigen Geschmack auf den Lippen. »Wann lassen Sie mich hier raus?« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde beobachten, wie du die nächsten Monate überlebst.« Monate? Sechzig oder neunzig Tage? Ein halbes Jahr vielleicht! Sie war wie paralysiert. Dennoch blieb ein winziges Detail in ihrem Bewusstsein hängen. Er hatte nicht gesagt, ob sie die nächsten Monate überlebte, sondern wie.

Wie? In Angst und Wahnsinn! »Bitte nicht! Sie müssen das nicht tun!« »Oh!« Er neigte den Kopf. »Ich habe es schon getan.« »Warum ausgerechnet ich?« »Vielleicht kommst du von selbst drauf.« »Warum, um Himmels willen?« Plötzlich veränderte sich seine Stimme. Sie wurde heller, wie die eines Mädchens, das einen Kinderreim aufsagte. Nein, das konnte alles nicht wahr sein. Carmen schloss die Augen und betete in Gedanken, endlich aufzuwachen, flehte immer intensiver, um die Stimme dieses Mannes nicht mehr hören zu müssen. Bitte, lieber Gott. Mach, dass dieser Block umfällt und zerspringt! Mach, dass ich in meinem Bett aufwache und am nächsten Tag wieder zur Arbeit gehen darf. Bitte! Doch Gott erhörte sie nicht. Stattdessen nahm sie wahr, wie der Mann sich von ihr entfernte, die Metalltür schloss, die Kette durch den Griff zog und die Treppe hochstieg. Der Kinderreim begleitete ihn, Stufe um Stufe … Ob der Philipp heute still, wohl bei Tische sitzen will? Also sprach in ernstem Ton, der Papa zu seinem Sohn. Doch der Philipp hörte nicht, was zu ihm der Vater spricht. Er gaukelt und schaukelt, er trappelt und zappelt, auf dem Stuhle hin und her, Philipp, das missfällt mir sehr! Und plötzlich wusste sie, wer sie entführt hatte.

Meinung

Todesfrist ist ein absoluter Volltreffer! Normalerweise lese ich ans ich nicht wirklich Krimis/Thriller und wenn dann müssen sie mich schon im Vorfeld echt überzeugen ( Cover Titel und Inhalt ). Da ich ja mit einem anderen Ziel in die Buchhandlung gegangen bin hätte ich das Buch nicht gekauft stände es nicht nah an der Kasse. Sofort viel mir das Cover auf Todestfrist darunter stand auf einem Zettel geschrieben,, … hast 48h Zeit das Rätsel zu lösen, andernfalls ist sie Tod" das hat mich schon ziemlich neugierig gemacht und ich habe mir den Buchrücken durchgelesen. War klar den kauf ich mir!!!
Zu Hause habe ich natürlich schon mit voller Spannung die ersten 3 Kapitel gelesen. Schon ab der zweiten Seite war ich vollends gefesselt und am ende des ersten Kapitels war mir klar das dieses grandiose Buch noch zahlreiche spannende und vor allem auch unerwartete Seiten in petto hat.
Todestfrist ist kein Typischer 0815 Thriller nach einem konkreten Muster ( Anfang Hauptteil Schluss ), immer wieder dreht sich das Blatt, neues kommt hinzu sodass nie Langweile aufkommt. Selbst das Ende ist Spannend und bewegt auch zum Nachdenken.
Alles in allem ein mehr als gelungener Thriller mit symphytischen Hauptfiguren und einer mehr als nur Nervenkitzel zerreißenden Story. Hach ich liebe es und kann es einfach nur JEDEM mit gutem gewissen empfehlen :)
Dieses Buch bekommt von mir : von 5 Herzchen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen